Europäische Staatsschulden: Rückblick und Ausblick
Prof. Tietmeyer setzte bei seiner differenzierten Schilderung der Entwicklungsstufen der Wirtschafts- und Währungsunion eindeutige Akzente. Er rügte die unzulässige Aufweichung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes und kommentierte die wirksamen Maßnahmen sämtlicher, mit der Krisenbewältigung befasster, Institutionen. Dabei ging er auf die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank ein, die Überwachungsmechanismen der Troika (IWF, Rat und Kommission), den vom EP mit verabschiedeten „Six-Pack“ und die Refinanzierungspolitik der Deutschen Bundesbank. Die hochkomplexen Vorgänge um die Rettungsmaßnahmen hätten die Grenzen der Vermittel- und Erklärbarkeit erreicht. „Dennoch lohnt es sich, für einen stabilen Euro zu kämpfen. Die gemeinsame Währung und der europäische Binnenmarkt sind wichtige Grundlagen für die globale Wettbewerbsfähigkeit der Euro-Zone.“ Er hatte bereits 1970 am Bericht der „Werner-Gruppe“ mitgearbeitet und einen Gleichschritt der ökonomischen und der politischen Integration gefordert.
Euro trotzt den Turbulenzen
Der Moderator des Abends, Kreisvorsitzender Thomas Mann MdEP, warnte angesichts wachsender Ressentiments vor populistischen Kräften, welche die Währungsturbulenzen instrumentalisierten, um die europäische Idee infrage zu stellten. "Die gemeinsame Währung beweist trotz aller Spannungen stabilen inneren und äußeren Wert. Im Europäischen Parlament gibt es breiten Konsens darüber, dass es zu Lösungen aus der Kombination von konsequenten Haushaltskonsolidierungen einerseits und nachhaltigem Investitionen in Bildung, Ausbildung und Beschäftigung andererseits kommen muss." Prof. Tietmeyer resümierte optimistisch: „Der Euro hat eine realistische Chance, weiterhin eine stabile Währung zu bleiben. Allerdings darf der Reformwille nicht einer Mut- und Visionslosigkeit weichen – wir haben noch viel Arbeit vor uns!“