Diskussion über Europa in der „Streitbar“

Landtagsabgeordnete im Gespräch mit interessierten Bürgern

Waldeck-Frankenberg - Das mehr oder weniger geeinte Europa ist aktuell in der Diskussion wie selten zuvor - nicht nur wegen der bevorstehenden Europawahl. Die europakritischen Stimmen häufen sich, gleichzeitig ist die Zustimmung zu Europa in Deutschland mit 70 Prozent so hoch wie nie. Im Kreishaus gab es jetzt die Gelegenheit, über Europa zu diskutieren.

Die Europa-Union und das Netzwerk für Toleranz hatten zu der Veranstaltung anlässlich des Europatages eingeladen. Zunächst gab es Infos zum „Netzwerk für Toleranz“ des Landkreises, das sich zum Ziel gesetzt hat, Demokratie und Willkommenskultur in der Aufnahmegesellschaft zu fördern. Projekte in Schulen und weiteren Einrichtungen werden organisiert und begleitet.

Patrick Hintsche, Vorsitzender der „Jungen europäischen Föderalisten“ - einer überparteilichen Jugendorganisation - hielt in seinem Impulsvortrag ein Plädoyer für Europa. Er machte sich stark für einen gemeinsamen Europäischen Staat. Das würde die Abschaffung des Europäischen Rats bedeuten und damit der Beendung des Einstimmigkeitsprinzips, das nur Probleme bringe. Hintsche schlug vor, die politische Verantwortung auf das Parlament zu übertragen, dazu: einheitliches europäisches Wahlrecht, Direktwahlkreise, gemeinsame Wahlprogramme und europaweiter Wahlkampf. Dazu eine Staatenkammer, ähnlich dem Bundesrat, und einen Außenminister.

In der folgenden „Streitbar“ konnte über Europa diskutiert werden, jeweils mit drei dauerhaften Teilnehmern plus jemandem aus dem Publikum, der sich spontan für je eine Minute einklinken konnte. In der ersten Runde diskutierten Wiebke Knell (FDP), Franz Drude, Biobauer, und Dr. Harald Schaaf, Agrarwissenschaftler (SPD), zum Thema Landwirtschaft. Knell war der Meinung, man könne die Biolandwirtschaft nicht gegen die regionale ausspielen. Würde alles auf Bio umgestellt, reiche das für die Ernährung nicht aus.

Biolandwirt Drude sieht zum ökologischen Anbau keine Alternative, um dem Artensterben entgegenzuwirken. Veränderte Fruchtfolgen würden den Humusgehalt verbessern und damit den CO2-Gehalt in der Luft reduzieren. Auch sollten die Verbraucher ihren Fleischkonsum herunterfahren. Schaaf stand zwischen beiden Positionen. Er betonte, dass nicht alles Bio sein müsse, dafür für landwirtschaftliche Produkte faire Preise gezahlt werden sollten, um die Wertschöpfung zu erhöhen. Der riesige Fleischkonsum sei der größte Klimakiller weltweit.

In der zweiten „Streitbar“ ging es um „Europa Nationalstaat“ mit Daniel May (Grüne), Hakola Dippel (AfD), Dr. Lasse Becker (Europa Union). May sieht in der EU Stärken und Schwächen. Schwächen seien oft mangelnde Transparenz, Stärken lägen in der Agrarpolitik. Nur mit einer starken EU könne man den Herausforderungen im Bereich Klimaschutz und Menschenrechte begegnen. Dippel ist für die Stärkung der Nationalstaaten und setzt auf nationale Identität und Eigenständigkeit. „Es gibt kein europäisches Staatsvolk.“

Lasse Becker plädierte für ein starkes und gemeinsames Europa ohne Wenn und Aber und sieht neben nationalen Identitäten auch eine gewachsene europäische Identität.